Dienstag, 26. Juni 2012

(Teil-) Allversöhnung?


Seit vielen Jahrhunderten herrscht in der Kirchengeschichte die Diskussion darüber, ob wir wirklich davon ausgehen müssen, dass ein Großteil der Menschheit für alle Zeit in der Hölle sein wird. 
Neu angeheizt wurde diese Diskussion durch das Buch "Das letzte Wort hat die Liebe" von Rob Bell.
Tatsächlich finden sich in der Bibel und besonders im Neuen Testament bei Paulus einige Verse, die den Gedanken der Versöhnung aller Kreaturen am Ende der Zeit nahe legen.
 

Eph 1:10  Er wollte dann, wenn die richtige Zeit dafür gekommen sein würde, seinen Plan ausführen: alles unter das Haupt von Christus zu bringen, alles, was im Himmel und auf der Erde existiert.
Eine andere Übersetzung schreibt: 
Unter ihm, Christus, dem Oberhaupt des ganzen Universums, soll alles vereint werden – das, was im Himmel, und das, was auf der Erde ist.

Ganz ähnlich formuliert Paulus das im Philipperbrief:
 Philipper 2,9 Darum hat ihn Gott erhöht und ihm den Namen gegeben, der über allen Namen steht. 10 Vor Jesus werden einmal alle auf die Knie fallen: alle im Himmel, auf der Erde und im Totenreich. 11 Und jeder ohne Ausnahme soll zur Ehre Gottes, des Vaters, bekennen: Jesus Christus ist der Herr!
Und im Kolosserbrief liest man:
Kolosser 1,19: Denn Gott hat beschlossen, mit seiner ganzen Fülle in Christus zu wohnen. 20 Alles im Himmel und auf der Erde sollte durch ihn mit Gott wieder versöhnt werden, alles hat Frieden gefunden, als er am Kreuz sein Blut vergoss.
Diese Verse deuten an, dass an irgendeinem Punkt Gott alles im Himmel, auf der Erde und unter der Erde mit sich versöhnen wird.
Ob wir von einem Zeitpunkt sprechen können, ist natürlich fraglich, denn wenn es eine neue Erde geben wird und die Sonne nicht mehr existiert, dann werden alle Begriffe und Vorstellungen von Zeit vergangen sein.
Im Neuen Testament wird sehr deutlich, dass Gottes Gerechtigkeit auch ein Gericht bedingt. Und in diesem Gericht werden Menschen verurteilt. Aber ob irgendwann Gott sich entschließt, doch alles mit sich zu versöhnen und alles Böse zu vertilgen, lässt sich anhand vieler Bibelstellen nicht einfach vom Tisch wischen.

Interessanterweise wird dieser Gedanke von vielen abgelehnt, die doch, ohne sich dessen vielleicht bewusst zu sein, an eine Allversöhnung des Volkes Israel glauben.
In den Kapitel 9-11 des Römerbriefs schildert Paulus, was es mit der Erwählung Israels auf sich hat. Er beschreibt, dass Gott sich nun den Völkern zugewandt hat, um sie Teil seines Reiches zu machen und ihnen die Erlösung zu schenken. Doch auch Israel ist nicht vollkommen verstockt, sondern wie zur Zeit Elias hat Gott sich einen kleinen Rest übrig behalten, der Jesus als den Messias erkennt.
Und dann folgen die interessanten Verse in Kapitel 11,25 + 26:

25 Ich möchte euch, liebe Geschwister, über das Geheimnis der Absichten Gottes mit Israel nicht im Unklaren lassen, damit ihr nicht in vermeintlicher Klugheit aus der gegenwärtigen Verhärtung Israels falsche Schlüsse zieht. Es stimmt, dass ein Teil von Israel sich verhärtet hat, aber das wird nur so lange dauern, bis die volle Zahl von Menschen aus den anderen Völkern zum Glauben gekommen ist.26 Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, wird ganz Israel gerettet werden. (NGÜ)
Gott offenbart seinen Plan: wenn die volle Zahl von Menschen aus anderen Völkern zum Glauben gekommen ist, dann wird Gott das gesamte Israel erretten. Die wenigsten Christen zweifeln an dieser Absicht Gottes.
Und doch müssen sie sich bewusst machen, dass hier eine Allversöhnung des jüdischen Volkes stattfindet. Gott rettet eine ganze Gruppe von Menschen, weil er das so will. Und zu Recht kann man fragen: wo bleibt denn da der freie Wille? Wo bleibt denn da die Bekehrung?
Vielleicht bewirkt Gott, dass alle Menschen aus dem Volk Israel zur inneren Umkehr kommen und Gott so deutlich erkennen, dass sich auch alle bekehren möchten. Aber mit genau der gleichen Logik hat Gott doch auch das Recht, am Ende der Zeit alle Menschen zu retten. Weil Gott es so will!
Ob er dabei ihren freien Willen übergeht, ob mit oder gegen ihren Willen, ob mit oder ohne Bekehrung das wissen wir nicht. Aber wenn Gott ein gesamtes Volk retten kann, weil er es von jeher dazu erwählt hat und unsere Argumente vom freien Willen plötzlich belanglos sind, warum hat Gott nicht auch das Recht am Ende alle Menschen zu erretten trotz ihres freien Willens und ihrer Entscheidung in der Vergangenheit, nicht an diesen Gott zu glauben?
Warum ist vielen Christen der Gedanke einer Allversöhnung so fremd, wenn wir doch kein Problem damit haben, dass Gott ein Volk in seiner Gesamtzahl errettet?
Dieses Thema lässt auf alle Fälle viel Spielraum für weitere Diskussionen. Kommentare sind erwünscht.





Freitag, 8. Juni 2012

Ohne Worte?


In unserer Gemeinde beschäftigen wir uns momentan mit dem Thema Evangelisation. 42 Tage lang versuchen wir uns in diese Thematik zu vertiefen. Und bei diesem Wort Evangelisation hängen ganz viele Christen bereits ab. Viele Christen scheuen sich vor dem Thema Evangelisation. Irgendwie hat dieses Thema etwas bedrohliches an sich. Es löst ungute Gefühle bei uns aus. Es setzt uns ganz schnell unter Druck. Die meisten hoffen, dass die Menschen in ihrem Umfeld irgend wie von alleine auf die Idee kommen, Christus nachzufolge.
Besonders schwer fällt es, über den eigenen Glauben zu reden.

 Aber irgendwann im Prozess der Evangelisation müssen auch Worte gemacht werden. Religion und auch das Christentum hat eben auch ganz viel mit Worten zu tun. Die Grundlage unseres Glaubens ist die Bibel, ein Buch mit Tausenden von Worten. Wir haben als Zentrum das Evangelium, wörtlich: die gute Botschaft. Und eine Botschaft ist bekanntermaßen eben auch etwas Gesprochenes. Am Ende kommt man nicht darum herum, über bestimmte Themen mit Menschen zu reden, bestimmte Wahrheiten in den Mund zu nehmen und bestimmte Überzeugungen auszusprechen.

Wenn man den Text des Matthäus Evangeliums in das bekannte Wordle eingeht, bei dem die Häufigkeit eines Wortes durch seine Größe abgebildet wird, dann sieht man sofort, was die beiden häufigsten Worte des Matthäusevangeliums sind: Jesus sprach!

Am Besten hat John Wimber, der Gründer der Vineyard Bewegung seine Gedanken über Evangelisation formuliert: Erzähle deine Geschichte, erzähle seine Geschichte.
Dieser Satz war John Wimbers ganze Theologie über Evangelisation:
Wenn wir seine Geschichte erzählen, dann sind wir Botschafter für Christus.
Wir verkünden die Werte seines Reiches, Gottes Vorstellung vom Leben, Gottes Gebote und seine Angebote.
Wenn wir unsere Geschichte erzählen, dann sind wir Zeugen
Wie erzählen, was uns der Glaube bedeutet
Wir berichten, wie der Glaube uns verändert hat
Wir sagen weiter, was wir mit Gott erlebt haben und was uns fasziniert.

Wenn es also darum geht, auch mit Worten zu evangelisieren, dann würde ich jedem raten: erzähle deine Geschichte und erzähle seine Geschichte!